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Fraunhofer legt Lösungen für optimierten Einsatz Seltener Erden vor

Seltene Erden Leitprojekt Substitution
© Fraunhofer IFAM
Ein Elektromotor (links), der millionenfach im Getriebe von Autos eingesetzt wird, war eine der Referenzen für das Fraunhofer-Team. Die darin verbauten Permanentmagnete (Mitte Viertelringmagnet, rechts Magnete in Flusssammler-Anordnung) enthalten Seltene Erden – den Bedarf dafür konnten die Fraunhofer-Forscher durch eine Kombination verschiedener Ansätze signifikant senken.

Seltene Erden zählen als Bestandteil vieler Hightech-Produkte zu den strategisch wichtigsten Rohstoffen für die deutsche Industrie. Für einen effizienteren Einsatz dieser wertvollen Elemente haben acht Fraunhofer-Institute in einem nun abgeschlossenen Gemeinschaftsprojekt neue Lösungen entwickelt. Dazu gehören optimierte Fertigungsverfahren, Ansätze für Recycling und neue Materialien, die Seltene Erden ersetzen können. Am Beispiel von Elektromotoren zeigten die Fraunhofer-Experten, dass sich der Bedarf an Seltenen Erden auf ein Fünftel des heutigen Wertes senken lässt.

Im 2013 gestarteten Fraunhofer-Leitprojekt »Kritikalität Seltener Erden« haben acht Fraunhofer-Institute ihre Kompetenzen gebündelt, um einen effizienteren Einsatz dieser Rohstoffe möglich zu machen. Auslöser für das Projekt war ein Preisschock: China, wo rund 90 Prozent der Seltenen Erden für den Weltmarkt gefördert werden, verhängte damals einen Exportstopp, die Preise schnellten in die Höhe und die Verwundbarkeit der deutschen Industrie im Hinblick auf die Versorgungssicherheit mit diesen Rohstoffen wurde offensichtlich. 

Deshalb zielten die Forscherinnen und Forscher darauf ab, die verfügbaren Seltenen Erden klüger zu nutzen und Ersatzmaterialien zu suchen, vor allem für die Elemente Dysprosium und Neodym. Diese werden beispielsweise für Magnete benötigt, wie sie etwa in Elektromotoren zum Einsatz kommen. Als Referenz wählte das Fraunhofer-Team deshalb zwei Elektromotoren, einen Kleinantrieb sowie einen Traktionsantrieb. Kombiniert man alle im Projekt entwickelten Möglichkeiten, Seltene Erden einzusparen oder zu ersetzen, lässt sich der Bedarf an Dysprosium und Neodym in diesen Motoren auf bis zu 20 Prozent der ursprünglich benötigten Mengen senken. 

»Unser Ziel war, den Bedarf an Seltenen Erden an diesen Benchmark-Motoren zu halbieren. Das haben wir deutlich übertroffen, indem wir verschiedene technische Ansätze kombiniert haben«, sagt Prof. Ralf B. Wehrspohn, Leiter des Fraunhofer-Instituts für Mikrostruktur von Werkstoffen und Systemen IMWS und Sprecher des Leitprojekts. Er betont die Relevanz der gewählten Beispiele: »In einem durchschnittlichen Auto sind heute Dutzende solcher Motoren enthalten, die Fensterheber, Scheibenwischer oder Ölpumpe bewegen. Sehr viele dieser Motoren funktionieren mit Permanentmagneten, in denen Seltene Erden stecken. Durch immer neue Assistenzsysteme und nicht zuletzt durch den Trend zur Elektromobilität wird ihre Zahl künftig deutlich steigen. All das zeigt, wie wichtig ein effizienter Umgang mit diesen wertvollen Rohstoffen ist.« 

Die Fraunhofer-Partner haben die Rohstoffmärkte für Seltene Erden analysiert, zugleich wurden Konzepte entwickelt, wie bereits beim Design von Elektromotoren die spätere Wiederverwendung oder das Recycling von Seltenen Erden mitgedacht werden kann. Sie setzten außerdem bei den Herstellungsprozessen von Magneten an und fanden Lösungen, wie dabei weniger Ausschuss entsteht. Möglich wird das beispielsweise durch Spritzgussverfahren, bei dem das Magnetmaterial gemeinsam mit einem Kunststoff-Binder direkt in die gewünschte Form gebracht und anschließend gesintert wird. So entfallen zugleich aufwändige Nachbearbeitungen. 

In einem weiteren Teilprojekt wurde ein Verfahren entwickelt, um Permanentmagnete etwa aus Elektroschrott, Windrädern oder Autos wiederverwerten zu können. Sie zerfallen dabei durch die Behandlung mit reinem Wasserstoff in kleinste Partikel und werden dann erneut gegossen oder gesintert. Die recycelten Magnete erreichen 96 Prozent der Leistungsfähigkeit von neuen Magneten. Weltweit einzigartig ist das im Leitprojekt entwickelte Verfahren, Dysprosium durch eine Kombination aus Spark-Plasma-Sintering (SPS) und Heißpressen in Korngrenzenphasen einzubringen und somit anisotrope Magnete für vielfältige Anwendungen bei Elektromotoren herzustellen. 

Auch das Design der Referenz-Elektromotoren wurde optimiert: Wenn die Motoren im Betrieb nicht so heiß werden, können Magnete mit geringerer Temperaturstabilität und damit mit geringerem Dysprosium-Anteil eingesetzt werden. Nicht zuletzt wurden Materialien gesucht und gefunden, die ebenfalls als Magnete dienen können, aber keine Seltenen Erden enthalten. In Hochdurchsatzverfahren haben die Forscherinnen und Forscher dabei zahlreiche Materialkombinationen getestet und neue Legierungen nachgewiesen, die statt Seltener Erden unter anderem Cer enthalten, das bei der Förderung von Neodym anfällt. Als Flakes weisen die neuen Verbindungen bereits sehr gute magnetische Leistungen auf. Alle identifizierten Substitutionsmaterialien wurden zudem hinsichtlich ihrer gegenwärtigen und erwarteten Versorgungssicherheit analysiert. 

Beteiligt am Leitprojekt »Kritikalität Seltener Erden« waren das Fraunhofer-Institut für Silicatforschung ISC mit der Projektgruppe IWKS, das Fraunhofer-Institut für Werkzeugmaschinen und Umformtechnik IWU, das Fraunhofer-Institut für Werkstoffmechanik IWM, das Fraunhofer-Institut für Mikrostruktur von Werkstoffen und Systemen IMWS, das Fraunhofer-Institut für Betriebsfestigkeit und Systemzuverlässigkeit LBF, das Fraunhofer-Institut für System- und Innovationsforschung ISI, das Fraunhofer-Institut für Fertigungstechnik und Angewandte Materialforschung IFAM und das Fraunhofer-Institut für Grenzflächen- und Bioverfahrenstechnik IGB. 

»Wir haben das Thema von der quantenphysikalischen Computersimulation von Magnetmaterialien über die endformnahe Fertigung von Magneten bis hin zur Rückgewinnung der eingesetzten Seltenerdmetalle nach der Nutzungsphase in den Blick genommen. Durch die auch im internationalen Maßstab einzigartige Breite und Tiefe der Kompetenzen haben wir sehr konkrete Fortschritte erzielt und weitere Ansatzpunkte für einen effizienteren Einsatz von Seltenen Erden und die Substitution identifiziert. Diese Ergebnisse wollen wir nun mit Unternehmen in den Markt bringen«, so Wehrspohn.

 

 

Vereinbarung mit BRIRE und UIBE unterzeichnet: Fraunhofer kooperiert mit China

Seltene Erden sind ein Schlüsselrohstoff für viele Hightech-Produkte und werden fast ausschließlich in China abgebaut. Die im Leitprojekt »Kritikalität Seltener Erden« engagierten Institute der Fraunhofer-Gesellschaft haben nun eine strategische Partnerschaft mit dem Baotou Research Institute of Rare Earths (BRIRE) und der University of International Business and Economics (UIBE) in Peking vereinbart. Ziele sind stärkere Zusammenarbeit, regelmäßiger Erfahrungsaustausch und gezielte Nachwuchsförderung.

Seltene Erden Zusammenarbeit BRIRE UIBE
© UIBE
Prof. Zhanfeng Yang (Präsident des BRIRE), Prof. Ralf Wehrspohn (Leiter des Fraunhofer IMWS) und Zhongxiu Zhao (Vizepräsident der UIBE, vorne von links) bei der Unterzeichnung der Kooperationsvereinbarung.

Die Forschungseinrichtungen unterzeichneten in Peking ein Memorandum of Understanding, mit dem die internationale Vernetzung des Leitprojekts »Kritikalität Seltener Erden« gestärkt wird. Im Leitprojekt arbeiten Forscher aus sieben Fraunhofer-Einrichtungen gemeinsam an neuen Ersatzmaterialien, effizienteren Produktionstechnologien sowie neuen Wiederverwendungs- und Weiterverwertungskonzepten für Seltene Erden. Diese Rohstoffe werden beispielsweise für die Herstellung von Computern, Handys und Batterien benötigt, ebenso für Permanentmagneten, die etwa in Windturbinen oder Elektroautos zum Einsatz kommen.

Fast 90 Prozent der weltweiten Förderung von Seltenen Erden kommen aus China. »Zuletzt sind die Weltmarktpreise deutlich gestiegen, unter anderem durch Maßnahmen der chinesischen Regierung gegen illegale Minen und für höhere Umweltstandards beim Schürfen von Seltenen Erden. China hat damit für diese strategisch sehr bedeutsamen Rohstoffe eine Schlüsselposition inne«, sagt Prof. Ralf B. Wehrspohn, Leiter des Fraunhofer-Instituts für Mikrostruktur von Werkstoffen und Systemen IMWS in Halle (Saale) und Koordinator des Leitprojekts. Er betont, wie wichtig die Zusammenarbeit mit den Produzenten in China ist, um eine verlässliche Versorgung auch deutscher Unternehmen mit Seltenen Erden zu gewährleisten.

»Wir möchten voneinander lernen und die Partner in China vor allem bei der effizienteren Nutzung dieser wertvollen Ressource unterstützen«, sagt Prof. Rudolf Stauber, Geschäftsführer der Fraunhofer-Projektgruppe für Wertstoffkreisläufe und Ressourcenstrategie IWKS in Alzenau, die zum Leitprojekt gehört. »Gemeinsam können wir beispielsweise an optimierten Nutzungsprozessen arbeiten, ebenso wie an der Normung und Standardisierung von Magneten sowie an Technologien für einen umweltverträglichen Abbau von Seltenen Erden. In unserem Fokus stehen auch neue Werkstofflösungen für Lanthan und Cer, die es in den chinesischen Lagerstätten ebenfalls reichlich gibt.«

Die Idee zur stärkeren deutsch-chinesischen Zusammenarbeit entstand im Rahmen eines gemeinsamen Workshops im November 2016. Die Vertreter des Fraunhofer-Leitprojekts hatten damals die seltene Gelegenheit, die Förderstätten rund um Baotou in der Inneren Mongolei zu besuchen und sich auch mit Experten des Baotou Research Institute of Rare Earths (BRIRE) auszutauschen.

Die nun getroffene Vereinbarung sieht neben dem regelmäßigen wissenschaftlichen Dialog auch ein Austauschprogramm für Doktoranden vor. Zudem sollen gemeinsame Forschungsprojekte umgesetzt werden.

»Forschung zu strategischen Rohstoffen hat einen hohen Stellenwert« - Interview mit Liane Horst und Ulrich Katenkamp, BMBF

Wie betrachtet das Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) die Suche nach Ersatzmaterialien für Seltene Erden, effektiveren Herstellungsprozessen oder neuen Recycling- Lösungen? Welche Fördermaßnahmen laufen derzeit, wo sieht das Ministerium noch Verbesserungsbedarf? Liane Horst, Referatsleiterin »Neue Materialien und Werkstoffe; KIT; HZG« und Dr. Ulrich Katenkamp, Referatsleiter »Ressourcen und Nachhaltigkeit«, geben dazu im Interview Auskunft.

Welchen Stellenwert haben Ersatzmaterialien für Seltene Erden im Rahmen des Einsatzes des BMBF für neue Materialien und Werkstoffe?

Die Entwicklung von Ersatzmaterialien für Seltene Erden ist bereits seit einigen Jahren ein Forschungsschwerpunkt in unterschiedlichen Fördermaßnahmen des BMBF. Wir suchen Antworten auf die Frage, ob diese knappen und teuren Werkstoffe durch andere ersetzt oder alternative Materialien mit gleichen Eigenschaften gefunden werden können. Verschiedene Projekte verfolgen diese Thematik beispielsweise bei Magnetmaterialien. Ersatzmaterialien spielen eine wichtige Rolle bei der Beantwortung zukünftiger Fragen. Zum Beispiel: Können wir uns auch in Zukunft noch häufige Wechsel des Mobiltelefons oder der LCD- und Plasmabildschirme leisten? Denn diese sind derzeit nur mit Seltenen Erden herzustellen. Daher hat die Forschung zur Bereitstellung wirtschaftsstrategischer Rohstoffe einen hohen Stellenwert.

Können Sie aktuelle Projekte umreißen, die in diesem Bereich durch das BMBF gefördert werden?

Im Verbundvorhaben KomMa (Nanoskalige Seltenerd-freie Magnete und Magnetkomposite) werden neuartige werkstoffliche Konzepte für Magnetwerkstoffe zum Einsatz in Stromgeneratoren (u.a. für Windkraftanlagen) und Elektromotoren (u.a. für Elektrofahrzeuge) erforscht. Der Anteil an Seltenen Erden in diesen Permanentmagneten soll reduziert
und im Idealfall vollständig durch neue Permanentmagnetwerkstoffe ersetzt werden. Hoffnungsvolle Ersatzmaterialien sind dabei hartmagnetische Materialien auf der Basis von Hartferriten und Übergangsmetallen. Auch im Projekt Perfekt (Neue Permanentmagnetmaterialien für die Ressourceneffizienz – kostengünstig und seltenerdmetallfrei/-reduziert) geht
es um den Ersatz von Seltenen Erden in Magnetmaterialien. Hier sollen neue Hartmagnete mit hoher Leistungsdichte bei gleichzeitig wesentlich reduziertem Gehalt spezifischer kritischer Rohstoffe (z.B. Neodym) identifiziert werden. Im Vorhaben »Eco-Pump-Drive« sollen Seltenerd-Motoren komplett ersetzt werden - durch Synchron-Reluktanzmotoren. Bei diesem Vorhaben steht die industrielle Umsetzung im Vordergrund. Ein europäischer Markt von rund 14 Millionen Antriebsmotoren für Solar-, Heiz- und Wasseranlagen jährlich macht die große Relevanz deutlich. Das Vorhaben PitchER (Magnetloser Pitch-Antrieb in Windenergieanlagen durch Einsatz elektrischer Transversalfluss-Reluktanzmaschinen) geht mit dem Ersatz sogar noch weiter: Es entwickelt ein komplett neues Antriebssystem für Windkraftanlagen, das ganz ohne Magnetmotoren und Seltene Erden auskommt. Der innovative Antriebsmotor soll als
Transversalfluss-Reluktanzmaschine (TFRM) eine ebenso hohe Kraftdichte erreichen, wie mit Magneten betriebene Motoren.

Gibt es Bestrebungen seitens des Ministeriums, die Kooperation von Unternehmen und Forschungseinrichtungen/Hochschulen im Bereich Seltener Erden zu fördern? Wenn ja: welche?

Die Forschungsaktivitäten erfolgen ausschließlich in Kooperationsvorhaben von Unternehmen gemeinsam mit Forschungseinrichtungen bzw. Hochschulen. Das Themenfeld wird in unterschiedlichen Fördermaßnahmen weiter verfolgt und wird auch zukünftig berücksichtigt werden. Dazu gehören z. B. die Förderung für kleine und mittelständische Unternehmen mit »KMUinnovativ« sowie internationale Kooperationen in der Maßnahme »CLIENT«. So verbessern wir zugleich die Zugänge für den Mittelstand zu den Kompetenzen der Wissenschaft durch Förderung der Zusammenarbeit mit Hochschulen und außeruniversitären Forschungseinrichtungen. Dies entspricht auch dem kürzlich veröffentlichten Zehn-Punkte-Programm des BMBF »Vorfahrt für den Mittelstand«.

Wie schätzen Sie die Bemühungen um Versorgungssicherheit mit Seltenen Erden in Deutschland insgesamt ein? Sind die Aktivitäten ausreichend? Wer könnte mehr tun?

Die Bundesregierung hat mit der Rohstoffstrategie sehr frühzeitig ein Paket an Aktivitäten und Maßnahmen zur Versorgungssicherheit gestartet, noch bevor die EU-Kommission Seltene Erden auf die Liste der kritischen Rohstoffe gesetzt hat. Dabei wurden u.a. Informations- und Beratungs- sowie Forschungsstrukturen geschaffen, wie die Deutsche Rohstoffagentur DERA
und das Helmholtz-Institut Freiberg für Ressourcentechnologie (HIF) sowie das German Resource Research Institute (GERRI). Die Bundesregierung hat Rohstoffpartnerschaften mit Herkunftsländern wirtschaftsstrategischer Rohstoffe geschlossen, der Mongolei, Kasachstan, Chile und Peru. Die rohstoffbezogenen Förderaktivitäten des BMBF werden mit dem Forschungs- und Entwicklungsprogramm »Wirtschaftsstrategische Rohstoffe für den Hightech-Standort Deutschland« gebündelt. Derzeit werden mit der Maßnahme »r4 – Wirtschaftsstrategische Rohstoffe« auch Projekte gefördert, die Seltene Erden aus Primär- und Sekundärrohstoffquellen erschließen bzw. sie recyceln. Damit erweitern wir den Kreis der Aktivitäten zur Versorgungssicherheit mit Seltenen Erden und anderen wirtschaftsstrategischen Rohstoffen.

Die Industrie versuchte zuletzt, die Angebotssituation bei Seltenen Erden zu differenzieren und Alternativen in der Beschaffung zu finden. Wie kann erreicht werden, dass dabei auch die Nachhaltigkeit der Rohstoffförderung in den Blick genommen wird, etwa Umweltschäden oder Arbeitsbedingungen in den Minen?

Mit der Fördermaßnahme »CLIENT« unterstützt das BMBF gezielt Forschungs- und Entwicklungsprojekte in Schwellen- und Entwicklungsländern, die die Umweltbelastungen in den Herkunftsländern wirtschaftsstrategischer Rohstoffe reduzieren und natürliche Ressourcen intelligent und schonend nutzen. Dabei wenden wir uns in den Partnerländern auch explizit an Behörden und Unternehmen als Kooperationspartner, die eine nachhaltige Verwendung und Verwertung der entwickelten Technologien vor Ort betreiben wollen und für gute
Arbeitsbedingungen und entsprechenden Umweltschutz sorgen. Ein Beispiel: Das internationale Team im Projekt »NamXe« entwickelt derzeit eine neue Strategie, um die Erze der gleichnamigen vietnamesischen Seltenerd-Lagerstätte umweltschonend und wirtschaftlich aufzubereiten. Neue Technologien zur Vorsortierung der Erze sparen Energie und Prozesschemikalien in der Aufbereitung. Auch enthaltene Minerale mit radioaktiven Elementen können so frühzeitig aus dem Prozess entfernt und umweltschädigende Auswirkungen des Seltenerd-Abbaus entsprechend minimiert werden.

Computational High-Throughput-Screening findet neue Hartmagnete, die weniger Seltene Erden enthalten

Für Zukunftstechnologien wie Elektromobilität und erneuerbare Energien ist der Einsatz von starken Dauermagneten von großer Bedeutung. Für deren Herstellung werden Seltene Erden benötigt. Dem Fraunhofer-Institut für Werkstoffmechanik IWM in Freiburg ist es nun gelungen, mit einem selbst entwickelten Simulationsverfahren auf Basis eines High-Throughput-Screening (HTS) vielversprechende Materialansätze für neue Dauermagnete zu identifizieren. Das Team verbesserte damit die magnetischen Eigenschaften und ersetzte gleichzeitig Seltene Erden durch Elemente, die weniger teuer und zuverlässig verfügbar sind. Die Ergebnisse wurden im Online-Fachmagazin »Scientific Reports« publiziert.

© Fraunhofer IWM
Links: Die Thorium-Mangan-Kristallstruktur (ThMn12) mit Neodym-Atomen (blaue Kugeln) hat bessere magnetische Eigenschaften als der derzeitige Supermagnet, ist jedoch unstabil; rechts: stabilere Struktur mit Atomen wie Bor, Kohlen- oder Stickstoff (kleine gelbe Kugeln).

Ausgangspunkt des Projekts der IWM-Forscher Wolfgang Körner, Georg Krugel und Christian Elsässer war eine Neodym-Eisen-Stickstoff-Verbindung, die auf einem Thorium-Mangan-Kristallstrukturtyp basiert. »Die verwendete Neodym-Eisen-Stickstoff-Verbindung hat bessere magnetische Eigenschaften als der derzeitige Supermagnet aus Neodym, Eisen und Bor«, erläutert Georg Krugel, allerdings sei das Material noch nicht stabil genug. Bislang lässt es sich nur in dünnen Schichten herstellen. Ziel des Projekts der Gruppe »Materialmodellierung« war die Identifizierung eines neuen Dauermagneten mit den gleichen oder besseren magnetischen Eigenschaften hinsichtlich Stärke und Richtungsstabilität, der aber auch die benötigte Materialstabilität aufweist. Mit dem neuen HTS-Verfahren wurden nun in der Kristallstruktur unterschiedliche Atome systematisch durchvariiert. Zunächst ersetzten die Forscher die Neodym-Atome durch andere Seltene Erden, beispielsweise Cer, welches erheblich kostengünstiger ist. Die Eisen-Atome variierten sie dann mit Übergangsmetallen wie Kobalt, Nickel und Titan, aber auch mit weiteren Elementen wie Silizium. Das HTS umfasste auf diese Weise 1280 Varianten, die die Forscher hinsichtlich ihrer Eigenschaften analysierten.

Konzentration auf Materialstabilität, Stärke und Richtungsstabilität der Magnetisierung

»Bei der Analyse der Materialvarianten haben wir uns auf drei Eigenschaften konzentriert, die für die Verwendung der Dauermagneten von hoher Bedeutung sind«, erklärt Krugel. Die Forscher nahmen zunächst die Stabilität des Materials in den Blick, die sich über die Bildungsenergie abschätzen lässt. Zweiter wichtiger Aspekt ist das maximal erreichbare Energieprodukt, welches eine Aussage über die Stärke des Magneten zulässt. Sehr wichtig für den vorgesehenen Verwendungszweck ist auch die Anisotropie-Energie, das Maß für die Richtungsstabilität der Magnetisierung. Auf diese Weise konnten die Forscher unter den 1280 Varianten zwölf besonders vielversprechende Kandidaten identifizieren.

Validierung anhand experimentell bereits hergestellter Magnetmaterialien

Entscheidend ist natürlich die Frage, ob die berechneten Eigenschaften der im Computer erzeugten Materialvarianten auch der Realität standhalten. Deshalb validierten die Forscher diese zusätzlich anhand bereits hergestellter Dauermagneten. Die Ergebnisse bestätigten die hohe Vorhersagekraft der berechneten magnetischen Eigenschaften der HTS-Kandidaten.

Generelle Trends

Neben der Identifizierung vielversprechender Materialansätze für neue Dauermagnete konnten die Forscher mit ihrer Arbeit wichtige generelle Trends feststellen. »Es hat sich gezeigt, dass Cer und Neodym insgesamt besser als Samarium geeignet sind«, so Krugel. Vor allem Cer weist eine sehr hohe Anisotropie auf. Hinsichtlich der Übergangsmetalle konnten die Forscher vor allem die Eignung von Titan besser einschätzbar machen: »Das Übergangsmetall reduziert zwar die Stärke des Magneten, erhöht seine Richtungsstabilität aber erheblich«, resümiert Krugel. Auch für zusätzlich in die Kristallstruktur eingebaute Atome können nun gesicherte Aussagen gemacht werden: Stickstoff oder Kohlenstoff eignen sich besser als das im aktuellen Supermagneten verwendete Bor.
Nach den Vorhersagen des neuen HTS-Ansatzes könnten nun neue Magnete experimentell hergestellt werden. Für die Industrie ist dies eine Möglichkeit, mithilfe computergestützter Voraussagen für bestimmte Eigenschaften benötigte Werkstoffe zu identifizieren und zu optimieren.

Publikation

Körner, W. et al. Theoretical screening of intermetallic ThMn12-type phases for new hard-magnetic compounds with low rare earth content.
Sci. Rep. 6, 24686; doi: 10.1038/srep24686 (2016).

 

Kontakt

Dr. Georg Krugel
Telefon +49 761 5142-279
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Dr. Wolfgang Körner
Telefon +49 761 5142-374
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Prof. Dr. Christian Elsässer
Telefon +49 761 5142-286
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